27. März 2009

IT-Governance in Zeiten von Web2.0

Ich weiss nicht ob das nur ich so sehe und beobachte, aber ich denke, wir haben mit dem Wort "Governance" wiedermal etwas, das sich auszuschlachten kohnt. Dabei haben viele Leute noch gar nicht verstanden, was das Wort eigentlich bedeutet. Ich kenne Menschen, die verwechseln Governance mit Government. Jetzt könnte ich das Wort definieren, will ich aber nicht. Das kann jeder in der Wikipedia nachlesen (empfehle ich übrigens). Ich möchte es nur einmal in meinen Worten darstellen. Bei IT-Governance geht es darum, die IT "im Griff" zu haben. Das bedeutet, dass wir als IT-Verantwortliche schauen müssen, dass wir die IT beherrschen und nicht umgekehrt: von ihr beherrscht werden. Das schliesst also ein, dass wir uns mit IT-Strategie auseinandersetzen müssen, mit neuen Technologien, mit unseren MitarbeiterInnen, mit den Businessprozessen, mit dem Business Continuity, mit allen Ressourcen, die wir benötigen, um die Anforderung des Business mit IT zu erfüllen. Klingt eigentlich ja ganz vernünftig. Auf einer Metaebene und theoretisch schaut das auch sehr einfach aus.
Ich sehe aber ein paar kritische Erfolgsfaktoren, die die IT-Governance erschweren bzw. in Teilbereichen unmöglich machen:

  • Wissen wir eigentlich in der IT, was das Business will und fordert? Wie erfahren wir das? von wem? wie oft? Haben wir hier klare Prozesse definiert und funktionieren die auch in unserem Unternehmen? Selbst wenn es diese Anforderungen gibt, es bleibt ein Dilemma: Das Business hat meistens wenig Ahnung über IT und kann daher gar nicht die Forderungen so aufstellen, dass es mit den verfügbaren Möglichkeiten der IT gelöst werden kann. Und die IT meint entweder, dass für diese Anforderungen ja gar nicht die modernen Technologien notwendig seien und begnügt sich mit weniger oder sie versucht dauernd, Technologien intern zu vermarkten und damit als Verlängerung der Technologielieferanten zu verkaufen. Einmal redet das Business an der IT vorbei, das andermal die IT am Business. Ich kenne kaum Firmen, die den Prozess des gegenseitigen Erklärens und Verstehens suchen und wirklich leben. Wie machen wir also IT-Governance, wenn wir gar nicht wissen, wie die Gesamt-Governance im Unternehmen ausschaut?

  • Können wir eigentlich alles planen, kontrollieren, beherrschen? Klar, einerseits lernen und erfahren wir das dauernd: Ein noch so komplexes Thema müsse so lange zerlegt und verfeinert werden, bis wir für jedes Teilproblem eine Lösung haben. Dann werden die Teillösungen zusammengefügt und wir haben die Gesamtlösung. Das mag in vielen Bereichen zumindest annähernd funktionieren, bei entscheidenden Aufgaben geht das aber gründlich daneben, einfach weil durch die Zerlegung in Teilprobleme das Gesamtproblem weg ist und damit auch die Gesamtlösung eben keine solche sein kann. Wenn wir immer alles wüssten im Sinne einer Planbarkeit, dann wäre ja die IT ein deterministischen System mit hinreichend vielen Regeln, das bei allen möglichen Inputs voraussagebare Outputs generiert. Das kann aber gar nicht sein. Wie machen wir also IT-Governance von etwas, das sich nicht bis ins Letzte steuern läßt?

  • Und jetzt kommen auch noch neue Dinge daher, so Dinge, wie Web2.0. Einmal abgesehen, dass es keine zwei Menschen gibt, die Web2.0 gleich deuten und erklären, suggeriert der Begriff ja, dass es etwas total Neues gibt - das stimmt natürlich nicht. Aber es gibt ein paar Muster, die offensichtlich anders sind als die gewohnten. Das Prinzip des Gebens und Nehmens zum Beispiel. Wir sehen das an der Wikipedia, an der alle lesen (nehmen) und schreiben (geben) können. Oder bei Seiten mit sogenanntem user generated content. Menschen geben bereitwillig Texte, Bilder, Filme, Audio von sich und teilen das mit anderen. Wenn nun Web2.0 Einzug in unser Unternehmen hält und wir von der Abteilungs-Workflow-Businesprozess-Denke immer mehr hin zu collaborativen, nicht-planbaren, nicht-steuerbaren Systemen kommen: was heisst das für unsere IT-Governance? Wenn nun gar unsere gesamte Branche, unser Ecosystem, in dem wir als Unternehmen agieren, immer mehr Web2.0 Verständnis und Handeln an den Tag legt. Was beduetet das? und überhaupt: Wenn wir dann viel Web2.0 haben, dann müssten wir logischerweise auch IT-Governance 2.0 sagen. Doch wer weiss schon wie IT-Governance 2.0 wirklich aussieht?

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